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Wie man Gründergeist und Unternehmertum (nicht) fördert

Vom 04. Juli 2019 während der Debatte zum Gründergeiste in Sachsen, Antwort auf einen Antrag der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Antrag, mit dem sich die AfD-Fraktion als Förderer von Gründergeist und Unternehmertum inszenieren will, ist nicht nur undurchdacht und kurzsichtig, sondern er setzt auf vollkommen falsche Anreize in der Wirtschaftpolitik. Es kommt mir so vor, als sei er auf die Schnelle zwischendurch zusammengeschrieben, mit etwas Populismus vermischt und dann veröffentlicht wurden, weil Sie zur Abwechslung mal noch ein wirtschaftspolitisches Thema gebraucht haben.

Und bevor sie sich gleich wieder ungerecht behandelt fühlen erkläre ich Ihnen gleich wie ich das meine:

Zunächst einmal geht Ihr Antrag nicht, wie der Titel eigentlich vermuten lässt, auf Gründergeist und Unternehmertum insgesamt, sondern nur auf einen Teilaspekt, nämlich das Technologiegründerstipendium, ein.

Das ist zwar eine Säule unserer Gründerstrategie, sollte allerdings nicht allein betrachtet werden, denn wir profitieren in Sachsen von unterschiedlichen privaten und staatlichen Initiativen, die ineinander übergehen und nur Hand-in-Hand funktionieren. Aus diesem Grund fördern wir im Freistaat mit dem InnoStartBonus oder über die Gründungsinitiative „FutureSax“ innovative Gründerinnen und Gründer mit unterschiedlichen Hintergründen, denn genau diese Vielfalt macht oftmals den Erfolg aus. Dazu kommen unsere privaten Hubs, Gründerinitiativen an den Hochschulen und Business Angels, die vielversprechende Projekte besser und gezielter unterstützen, als das eine staatliche Stelle jemals leisten könnte.

Das bringt mich direkt zum zweiten wichtigen Aspekt. Sie fordern in Ihrem Antrag eine Verlängerung des Förderzeitraumes des Technologiegründerstipendiums auf 5 Jahre, mit einer Nachweispflicht über die Firmengründung nach zwei Jahren. Die haushälterischen Effekte erwähnen Sie in Ihrem Antrag jedoch mit keinem Wort. Heute ist der Technologiegründerfonds bereits mit 64,4 Millionen EUR ausgestattet.

44,3 Millionen EUR stellt der Freistaat Sachsen über EFRE-Mittel bereit. Der Rest wird durch die sächsischen Sparkassen, die SüdBeteiligungen GmbH und die Mitteldeutsche Beteiligungsgesellschaft beigesteuert. Eine Verfünffachung der Stipendiendauer hätte massive haushälterische Effekte.

Entweder müssten die Empfänger auf ein Fünftel reduziert werden oder die zur Verfügung stehende Summe müsste auf 500 % erhöht werden. Mit Blick auf den Landeshaushalt und die anderen Mittelgeber müsste eine so weitreichende Änderung gut begründet werden. Das bleiben Sie in Ihrem Antrag schuldig.

Wichtig ist bei allen innovativen Geschäftsideen und technologischen Entwicklungen darüber hinaus nicht die Einschätzung des staatlichen Fördermittelgebers, sondern die des Marktes. Das wüssten Sie, wenn Sie sich etwas länger mit dem Thema befasst hätten. Laut Ihrem Vorschlag würden wir Startups über zwei Jahre hinweg ohne jegliche praktische Prüfung und ohne die Notwendigkeit, dass überhaupt ein Unternehmen gegründet sein muss, unterstützen. Danach, nochmal zu Erinnerung: nach zwei Jahren, würde formal geprüft, ob eine Unternehmensgründung vorliegt, ein Businessplan erstellt wurde und erste Umsätze bestehen. Wenn diese Prüfung positiv ausfällt, geht die Förderung für drei Jahre weiter.

Was wir mit einem solchen System produzieren würden, wären staatliche Startups, mit wenig Praxisbezug, ohne die Notwendigkeit zur Marktanpassung oder Produktinnovation für fünf Jahre. Allein, wenn Sie sich überlegen, was sich in den letzten fünf Jahren im Bereich der Technologie, sei es bei unseren Smartphones, beim autonomen Fahren oder der Elektromobilität verändert hat, werden Sie schnell merken, dass unternehmerischer Erfolg heute, mehr denn je, von einer klaren Marktorientierung abhängt.

Gründergeist stärken und Unternehmertum fördern funktioniert nicht durch eine staatliche Vollversorgung. Im Gegenteil: Es ist wichtig, um nicht zusagen existenziell, dass sich Startups frühzeitig am Markt beweisen, dass sie nach privaten Investoren suchen und dadurch ihr Produkt immer weiter anpassen und verbessern müssen. Nur wenn sie irgendwann ins kalte Wasser springen, erreichen die Produkte neu gegründeter Unternehmen eine nachhaltige und langfristige Marktreife. Das Silicon Valley oder das Gründerökosystem von Tel Aviv belegen das immer wieder aufs Neue.

Was wir wollen

Um Gründergeist zu fördern setzen wir deshalb auf eine Anfangsunterstützung durch den Technologiegründerfonds oder den InnoStartBonus für 12 Monate. In dieser Zeit können Gründer ihre Ideen und Produkte konzipieren und erste Schritte tun. Danach müssen sie sich allerdings selbst am Markt beweisen, Investoren finden und schnellstmöglich Marktreife erreichen.

Was wir in Sachsen brauchen ist deshalb nicht mehr staatliche Förderung, sondern das sind attraktivere Voraussetzungen für Unternehmen und Business-Angels, die Startups mit privaten Mitteln fördern.

Zudem muss das Bild des Unternehmers positiver besetzt sein, damit sich mehr junge Menschen wieder dazu entscheiden, ihre Ideen umzusetzen. Daran arbeiten wir seit vielen Jahren und hier konnten wir bereits gute Erfolge erzielen. Denn Sachsen ist ein attraktives Land für Startups und für Unternehmer. Das belegt auch der Deutsche Startup Monitor.

Beschluss

Das zeigt, auch wenn es noch viel zu tun gibt, sind wir mit unserer Strategie aus breiter Startup-Förderung auf der einen und gezielter Überführung der Produkte zur Marktreife auf der anderen Seite auf dem richtigen Weg. Wir müssen unsere innovativen Gründer weiter gezielt unterstützen, an der Attraktivität unseres Wirtschaftsstandortes arbeiten und mehr privates Wagniskapital anziehen. Was wir brauchen, sind Startups, die am Markt mithalten können und frühzeitig wettbewerbsfähig sind. Der Antrag der AfD-Fraktion ist dafür der absolut falsche Ansatz und deshalb abzulehnen.